Die Österreicher und ihre Waffen: Wie viele sie privat horten, ist unbekannt. Das Gesetz ist streng, hat aber Lücken.

Blitzblank geputzt hingen sie da, ein Gewehr nach dem anderen. Was die Ermittler im Keller des Amokläufers Alois Huber fanden, "übersteigt zweifelsohne jeden erlaubten Rahmen um ein Vielfaches", sagt Franz Polzer, Chef des Landeskriminalamts Niederösterreich. Noch hat man sie nicht gezählt, an die 100 Langwaffen sind es aber sicher. Und: Nur sechs der Waffen hatte der Mann legal besessen.
Wohl aus Respekt vor den Opfern der Bluttat streift die Politik vor der Wahl am Waffenthema nicht an. Doch zeigt eine erst diese Woche veröffentlichte Vergleichsstudie der Medizinischen Universität New York, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen der Zahl der Schießeisen in einem (entwickelten) Land und der Todesrate durch deren Gebrauch gibt. Österreich rangiert in der Liste relativ weit vorn: Mit 30,4 Feuerwaffen pro 100 Einwohner bzw. 2,94 Tote pro 100.000 Einwohner liegt man etwa vor Deutschland (siehe Grafik).
Hohe DunkelzifferDoch wie viele Waffen bunkern die Österreicher wirklich in ihren Schränken und Kellern? Spätestens bis Juni 2014 soll die Zahl aller legalen Schusswaffen im Zentralen Waffenregister erfasst sein. Bis dahin läuft die Frist, in der auch die bisher nur beim Handel gemeldeten klassischen Gewehre (Kategorie C) zentral registriert sein müssen. Bis Juli dieses Jahres wurden 60.000 solcher Waffen nachträglich gemeldet. Auch alle bisher bei der Behörde registrierten Schusswaffen fließen in diese Datenbank ein. Doch eine hohe Dunkelziffer wird auch danach bleiben. Schätzungen gehen davon aus, dass es ein bis zwei Millionen Schusswaffen in Österreich geben soll, sagt Robert Siegert, Branchensprecher des Waffenfachhandels in der Wirtschaftskammer. Allein die Schwankungsbreite zeige, wie unsicher diese Zahlen seien. Ob das Drama von Annaberg durch eine frühzeitige Registrierungspflicht verhindert hätte werden können, will Siegert nicht beantworten. Aber: "Wenn wir wissen, wer Schusswaffen hat, können wir auch überprüfen, ob der Besitzer vertrauenswürdig ist."
Die psychologische Verlässlichkeitsprüfung, seit 1997 Voraussetzung für den Schusswaffenbesitz, birgt aber nach wie vor Schlupflöcher. "Dieser Test ist der Wunschtraum eines Schülers. Man kann ihn so oft machen, wie man will", sagt Armin Kaltenegger vom Kuratorium für Verkehrssicherheit. Rund 2000 Männer und 300 Frauen stellen sich jährlich dem Psychotest, ein Zehntel fliegt durch. Einmal bestätigt, wird die psychische Eignung nicht mehr geprüft - es sei denn, der Waffenbesitzer verhält sich auffällig.
Vom Test ausgenommen sind die rund 115.000 Jäger, ihnen bestätigt der Jagdschein die Eignung zum Besitz und Führen der Waffe. "Dafür muss man vor der Zulassung zur Jagdprüfung zum Amtsarzt", betont der steirische Landesjägermeister Heinz Gach. Dass sich unter Jägern besonders viele Waffennarren tummeln, glaubt er nicht. Bis zu vier Gewehre gehören zum Standard für das Weidwerk. Freilich sehen Jäger in der Flinte mehr als nur ein Werkzeug. Gach: "Es gibt auch den Zugang, dass es ein wertvolles Stück Handwerk ist."
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/chronik/3413863/ein-land-jaeger-sammler.story