Jagdgegner Günter Scheuring hat auf 2000 Quadratmetern bei Ostheim „befriedete Fläche“
![http://static3.mainpost.de/storage/pic/mpnlneu/hassberge/5457535_0_1FGUH3.jpg?version=1379002776]()
Es ist ein idyllisches Fleckchen, dort oben am Ostheimer Ölberg. Von der Wiese am Waldrand mit ihren alten Obstbäumen hat Günter Scheuring einen herrlichen Blick ins Land. Für den Ostheimer ist es einfach ein friedlicher Ort. Und nicht nur für den 50-Jährigen soll dies so sein, wie die Schilder an der Grundstücksgrenze zeigen. Seine rund 2000 Quadratmeter Streuobstwiese sind eine „befriedete Fläche“. Soll heißen, so Scheuring: Hier sollen auch die Tiere ihren Frieden haben. Auf ihr wird es erst einmal keine Jagd mehr geben. Die Untere Jagdbehörde am Landratsamt hat dem zugestimmt – nach Absprache mit dem Ostheimer Jagdpächter und der Jagdgenossenschaft.
Hintergrund ist die Änderung des Bundesjagdgesetzes (wir berichteten). Am 6. Dezember tritt die Novellierung in Kraft, wonach Grundbesitzer aus ethischen Gründen ihre Flächen jagdfrei stellen lassen können.
Und auf solche Gründe beruft sich Günter Scheuring. „Das fünfte Gebot der Bibel, Du sollst nicht töten, gilt doch auch für Tiere“, sagt der Ostheimer im Gespräch mit dieser Zeitung. Seit vier Jahren ist der Familienvater Vegetarier. Aus gesundheitlichen Gründen hatte er aufgehört Fleisch zu essen. „Die Liebe zur Natur und zu den Tieren“ waren für ihn der Anstoß, sich gegen die Jagd auf seinem Grundstück zu beschäftigen. Er kam mit Jagdgegnern in Kontakt, und die sagten ihm, dass man die Jagd nicht hinnehmen müsse.
Duldung
Vor einigen Monaten stellte er einen Antrag auf Befriedung seiner Fläche. Nachdem er längere Zeit keine Antwort bekommen hatte, schaltete er einen Anwalt ein. Jetzt kam die Antwort: Auf seinem Grundstück kann die Jagd ruhen. Allerdings hat er darauf keinen Rechtsanspruch, sondern es ist vergleichsweise einer Duldung.
Dies bestätigt auch Martin Schrauder von der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt. Nachdem am 6. Dezember das neue Jagdgesetz in Kraft trete, habe man – nach Rücksprache mit dem Jagdpächter und der Jagdgenossenschaft gesagt, wenn es eh komme, dann lasse man bis dahin die Jagd auf dem Areal ruhen.
Ethische Gründe
Nach dem 6. Dezember werde dann der Antrag von Scheuring auf Befriedung seines Geländes nach der neuen Rechtslage behandelt. „Ob dann eine Befriedung herauskommt, ist offen“, so Schrauder. Es werde geprüft, ob die ethischen Gründe, die Scheuring anführt, ausreichend sind.
Scheuring ist unterdessen auch „froh und dankbar“, dass die Ostheimer Jagdpächter und Grundholden dem Ruhen der Jagd auf seinem Grundstück zugestimmt haben.
Bis das neue Gesetz in Kraft tritt, hofft Schrauder, dass auch eine ganze Reihe von Fragen, die das neue Bundesjagdgesetz mit sich bringen, durch Ausführungsverordnungen geklärt werden. So unter anderem die sogenannte Wildfolge. Wenn etwa ein angeschossenes Tier auf einer befriedeten Fläche zum Liegen kommt. Von Gesetzes wegen bestehe zwar die Möglichkeit der Wildfolge. Der Grundstückseigentümer ist aber über die Wildfolge zu verständigen. Aber bei der Wildfolge spiele immer auch der Tierschutz eine große Rolle, dass nämlich Tiere nicht unverhältnismäßig leiden dürfen. „Es gibt zurzeit viel zu wenig Erfahrung, wie das neue Gesetz umzusetzen ist“, so Schrauder weiter.
Fest steht, dass der Antrag Scheurings der erste dieser Art im Landkreis Haßberge ist. Im Gegensatz zu anderen Landkreisen in Unterfranken, so Martin Schrauder weiter. Bislang gebe es auch keine Hinweise, „dass viele Flächen folgen werden“, so die Einschätzung von Schrauder.
Gelassenheit – so ist wohl am ehesten die Reaktion aus der Hofheimer Jägerschaft und den Grundholden zu beschreiben. Auch wenn er zum konkreten Fall nichts sagen kann, so der Vorsitzende der Jägervereinigung Hofheim, Elmar Brückner, glaubt er nicht, dass die Befriedung ein Problem werden dürfte. Allerdings: Würden sich viele Grundstücksbesitzer dazu entscheiden, dann hätten die Jagdgenossenschaften ein Problem: Und zwar die Jagd überhaupt noch verpachten zu können. Die 2000 Quadratmeter in Ostheim spielten aber erst einmal keine Rolle. Zudem müsse man abwarten, wie die Verordnungen zum neuen Gesetz aussehen werden.
„Jagd muss nicht sein“
„Es ist kein großes Stück, das tut dem Jagdpächter nicht weh“, sagt auf Anfrage auch Karlheinz Kundmüller von der Ostheimer Jagdgenossenschaft. Seine Einschätzung: Es werden wohl nur Einzelfälle sein.
Die 2000 Quadratmeter sind Günter Scheurings einziges Flurstück. Auch wenn dies im Vergleich zu den rund 700 Hektar Ostheimer Jagdrevier eine kleine Fläche ist, sieht er die Befriedung als Botschaft. Scheuring weiter: Es brauche keine Jagd, die Natur reguliere sich selbst, „nur manche denken, dass Jagd sein muss“. Mit der Befriedung seiner Fläche gehe es ihm vor allem darum anzuregen, über den Umgang mit Menschen und Tieren nachzudenken.
http://www.mainpost.de/regional/hassberge/Am-Oelberg-ruht-die-Jagd;art1726,7674547
Kommentare